Weihnachten wird oft und gerne als «Fest der Liebe» bezeichnet. Dabei denken wir an unsere nächsten Menschen, die wir lieben und um die wir uns sorgen. Gerne beglücken wir unsere Liebsten mit ausgesuchten und besonderen Geschenken – und geniessen dabei die Freude in ihren funkelnden Augen.
Aber wie steht es um die Liebe zu uns selber? Beschenken wir uns selbst mit einem liebevollen, verständnisvollen Blick auf unsere Fähigkeiten und Defizite? Oder finden wir Selbstliebe peinlich und egozentrisch – in Zeiten von Kriegen und Klimakatastrophen sowieso? Selbstliebe ist die wertschätzende Annahme von all unseren Schwächen und Stärken. Nur so können wir auch mit Wertschätzung in Beziehung sein mit anderen. Wenn ich mich so annehmen kann, wie ich bin, kann ich auch dich so annehmen, wie du bist! Oder wie Jesus schon sagte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Damit wir ein stabiles Selbstbewusstsein und ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln können, brauchen wir als kleine Kinder Bezugspersonen, die uns unsere schönen und einzigartigen Wesenseigenschaften spiegeln. Wir brauchen Mutter und Vater, welche uns zeigen:
- Du bist gemeint. Ich sehe dich – wirklich dich.
- Du darfst so sein, wie du bist. Du bist genauso richtig, wie du bist. Egal, was du tust: Ich stehe 100% zu dir. Ich liebe dich, bedingungslos.
- Ich schätze deine ganz eigene Einzigartigkeit. Ich wertschätze dich.
- Du darfst einfach Kind sein. Ich kümmere mich selbst um meine Probleme.
- Du bist geliebt, so wie du bist.
Wenn wir das gespiegelt bekommen, lernen wir, Selbstliebe zu entwickeln. Wir erkennen unsere Stärken, wir können unsere Güte sehen und alle anderen positiven Eigenschaften. Zu solch einer gesunden Entwicklung gehört auch, dass unsere Eltern uns für fehlerhaftes Tun zwar tadeln oder korrigieren, aber dabei nicht unsere ganze Person, unser ganzes Wesen in Frage stellen. Also in etwa: «Mit deinem Tun bin ich grade nicht einverstanden, aber meine Liebe zu dir ist unverändert und bedingungslos.»
Wenn wir das Gefühl haben, dass mit uns etwas nicht stimmt, dann empfinden wir Scham. Scham ist also ein Zeichen dafür, dass unser menschliches Grundbedürfnis, der Wunsch, geliebt zu werden, nicht erfüllt wurde. Ein Kind, welches überzeugt davon ist, in dieser Welt nicht willkommen zu sein, empfindet Scham.
Scham ist die schwierigste menschliche Emotion. Scham lässt sich am besten im Vergleich zu Schuld verstehen. Schuld bedeutet, dass ich einen Fehler gemacht habe; Scham bedeutet, dass ich ein Fehler bin. Mit einer allumfassenden negativen Selbsteinschätzung greifen wir uns selbst an: Nicht ein Teil von mir ist falsch, sondern ich bin ganz und gar falsch. Rückzug ist wahrscheinlich der häufigste Ausdruck von Scham – man macht sich klein, schweigt und geht anderen aus dem Weg.
Ich selbst habe jahrelang unter schwierigen Schamgefühlen gelitten. Einzig geholfen hat mir im Grunde mein liebevolles Selbstmitgefühl. Mir selbst in einem Moment der Scham mit Mitgefühl zu begegnen, nimmt der Scham mit der Zeit ihre Macht über uns.
Selbstmitgefühl bedeutet, dass wir uns das Verständnis, die Güte und die Liebe geben können, die wir als Kind gebraucht hätten, und zwar jetzt. So können wir uns selbst nachträglich gute Eltern sein. Es ist ein längerer Weg, der Weg der Selbstliebe. Aber nur so können wir «Muskeln» aufbauen, die uns die Kraft geben, das verwundete Kind in uns zu sehen und ihm Mitgefühl entgegenzubringen. Aus eigenem Erleben weiss ich um diese zutiefst transformierende Erfahrung.
So möchte ich dich zu Weihnachten einladen, dich selbst zu beschenken!
Werde kreativ!
Male ein Bild für dich, welches deine Wertschätzung für DICH zum Ausdruck bringt
- Fülle ein Blatt Papier mit allen positiven Eigenschaften, welche dich ausmachen und welche du an dir schätzt
- Schreibe dir selbst einen Liebesbrief
- Erlaube dir für einen Nachmittag oder Abend, unangepasst und unattraktiv zu sein, indem du dir z.B. erlaubst, faul zu sein, langsam zu sein, nicht nett zu sein, etc.
- Oder erlaube dir, eine Pause einzulegen, einfach wenn dir danach ist
- Baue dir zuhause einen Selbstliebe-Altar mit Dingen drauf, die besonders für dich sind
- Die Möglichkeiten sind unbegrenzt…..
In diesem Sinne wünsche ich dir besinnliche und lichtvolle Weihnachtstage – mit innigen Momenten ganz für dich. Geniesse den Hüpfer in ein friedvolles, segensreiches und kraftvolles 2024!
Ich freue mich, dich im Neuen Jahr wieder begleiten zu dürfen und danke dir von Herzen für dein Vertrauen.
Lichtvolle Grüsse zu dir,
Myriam