In Bezug auf Paarbeziehungen hören wir oft die Sätze «Gegensätze ziehen sich an.» oder «Gleich und gleich gesellt sich gern.»
Aber wenn wir bei Paaren genauer hinschauen, stimmt beides nicht wirklich. Fast alle Paare kennen ihn, diesen Konflikt, dass der eine mehr Nähe will und der andere mehr Freiheit, mehr Unabhängigkeit. Es ist jedoch so, dass wir ALLE genau diese beiden Bedürfnisse in uns tragen. Sie gehören zur Entwicklung im Kleinkindalter, wo wir einerseits die Nähe, die Geborgenheit, die Wärme des mütterlichen Schosses brauchen, und dann mit 1 ½ bis 2 Jahren in kleinen Schrittchen weggehen von ihr, die Welt erkunden, andere Menschen kennenlernen, uns ausprobieren, etc.
Wir alle tragen diese zwei Bedürfnisse in uns:
Nähe, Verbundenheit, Beziehung vs. Freiraum, Ungebundenheit, Freiheit.
Bei Paaren beobachten wir oft, wie wir diejenige Seite, die uns mehr Mühe macht, zum Partner hin „outsourcen“ oder projizieren.
Nehmen wir ein Beispiel (was sehr häufig vorkommt 😉): Die Frau wünscht sich mehr gemeinsame Zeit, mehr Liebevolles, mehr Komplimente, mehr Kuschelzeit. Der Mann hingegen will sein Ding machen, seinen Sport, will gar nicht so viel reden darüber, was ihn bewegt.
Kennt Ihr das?
Konflikte entstehen dann, wenn z.B. die Frau am Mann rumnörgelt, er sei nie da für sie, wenn sie ihm vorhält, wie wenig Zeit er für sie und ihre gemeinsame Beziehung habe, etc. Oder anders rum: Der Mann kritisiert die Bedürfnisse der Frau, immer soviel gemeinsam machen zu wollen, immer hören zu wollen, dass er sie liebt, vielleicht an ihm zu hängen, etc.
Das führt dazu, dass die Frau mehr nörgelt und der Mann sich mehr und mehr zurückzieht.
Wenn wir etwas tiefer schauen, lebt die Frau ihr eigenes Bedürfnis der freiheitsliebenden, unabhängigen Frau nicht (oder nicht genügend), und „outsourced“ bzw. projiziert das unbewusst auf den Partner. Der Mann wiederum lagert sein Bedürfnis aus nach Nähe, nach Kontakt, nach seelischer Verbindung hin zur Partnerin.
So muss sich der Mann nicht mit seinen Gefühlen von Sehnsucht – nach Liebe, nach Geborgenheit, nach tiefer Begegnung – auseinandersetzen (das macht verletzlich!). Die Frau andererseits muss sich nicht um ihren Drang nach Unabhängigkeit, nach Freiheit und Unbekanntem kümmern.
Wir projizieren genau diese Gefühle zum anderen hin, die wir nicht fühlen wollen.
Wie können wir so eine Paar-Dynamik ändern?
Jede Beziehung braucht gemeinsame Räume/Rituale, wo wir zu 100% in Verbindung sind, uns zu 100% committen – sodass danach wieder jedeR seinen Weg gehen kann.
Indem wir den Anderen wertschätzen für den Anteil, den er oder sie trägt, bringen wir mehr Dankbarkeit und Bewusstsein in unsere Beziehung.
Wir zeigen einander, dass unser Gegenüber eine tiefe Bedeutung für uns hat. Und das ist das Geheimnis für echte Verbindung: Spüren, dass ich für den Anderen von tiefer Bedeutung bin für sein oder ihr Leben.
Bewusste, achtsame Arbeit an der Paarbeziehung ist eine Investition, die sich sehr lohnt – für uns selbst und auch für unsere Kinder.
Deine Myriam